|
|
Der schlauste Mann der Welt
|
|
|
Andreas Eschbachs Repertoire reicht von Kurzgeschichten bis zu Tausendseitern. Mit seinem neuesten Werk hat er mal etwas etwas Kürzeres veröffentlicht: »Der schlauste Mann der Welt« ist gerade einmal etwas mehr als zweihundert Seiten lang. Das Buch wurde Ende Februar im Lübbe Verlag veröffentlicht und kann als gebundene Ausgabe für 22 Euro bezogen werden. Über den Preis kann man natürlich geteilter Meinung sein, denn selbst Eschbachs mehr als sechsmal so langes »Eines Menschen Flügel« ist inzwischen preiswerter. Wir beziehen Preise alledings nicht in unsere Einschätzungen mit ein, zumal wir der Meinung sind, dass Autoren es sich auch verdient haben, an ihren Büchern gut zu verdienen, wenn sie jahrelang unzählige Fans begeistert haben. Und Verlage sollten auch für ihr Vertrauen in Autoren belohnt werden. Zumal man für den Preis trotzdem länger unterhalten wird, als man für die gleichen Kosten von einem Kinobesuch oder Blu-rays unterhalten werden würde. Aber das soll hier nicht das Thema sein. Die E-Book-Version kostet 18,99 Euro, zudem gibt es eine von Matthias Koeberlin eingelesene Hörbuchversion mit fünfeinhalb Stunden Spielzeit.
»Der schlauste Mann der Welt« erzählt die Lebensgeschichte eines Manns namens Jens Leunich, dessen materielle Besitztümer in zwei Koffern Platz finden und der so viel Geld auf seinem schweizer Nummernkonto hat, dass er es sich leisten kann, jahrzehntelang von Hotel zu Hotel rund um die Welt zu reisen. Dort macht er ... absolut nichts. Und er hält dies für einen sehr guten Beitrag zur Entwicklung der Welt. Warum das so ist, das schreibt er in seinen Erinnerungen nieder. Und dafür hat er nur noch zehn Tage Zeit, denn dann wird sein Leben enden.
Das Buch erweist sich als eine andere Art von Geschichte, als man sie von Eschbachs Romanen gewöhnt ist, denn hier wird gar nicht erst versucht, einen großen Spannungsbogen oder dergleichen aufzuziehen. Vielmehr schildert der Müßiggänger tatsächlich in erster Linie einfach nur seine Lebensgeschichte von seinem Weg zum Reichtum über das jahrelange Nichtstun bis hin zu seinem anstehenden Tod. Und obgleich man - rationell betrachtet - einen Mann wie ihn eigentlich ganz und gar nicht mögen dürfte, denn immerhin handelt es sich um einen Kriminellen, der nichts leistet, ist es überraschend unterhaltsam, seinem Lebensweg zu folgen. Dabei ist Eschbach ein ziemlich geschickter Dreh gelungen: Man kann das Buch auf verschiedenerlei Weise interpretieren, und es trotzdem als lesenswert finden. Man kann es lesen, um sich einfach nur berieseln und unterhalten zu lassen. Das funktioniert, dann hat man ein paar entspannende Lesestunden. Man kann es als Denkanstoß empfinden, dass das dargestellte entschleunigte Leben durchaus richtige Aspekte hat und der Mann wirklich so schlau ist, wie es der Titel suggiert. Man kann aber auch das genaue Gegenteil daraus lesen. Kurzum: Eschbach hat ein Buch erschaffen, das einerseits unterhält, andererseits auch Diskussionsstoff bietet. Und daher handelte es sich unseres Erachtens um 224 durchaus gelungene Seiten, die einen Blick verdient haben. |
– geschrieben am 4. März 2023 (4/5 Punkte) |
|
Anmerkungen zu den Buch-Einblicken: Die Wertung unseres jeweiligen Mitarbeiters geht im gleichen Maße wie eine Blogger-Rezension in die Gesamtwertung des Buches ein.
|
|
|
|