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BLOGGERNOTE DES BUCHS |
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noch nicht bewertet
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Lesermeinungen (2) Leseprobe |
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LESEPROBE |
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Das Team von Leserkanone.de bedankt sich bei Emilia Benedict für die Einsendung dieser Leseprobe! Mehr zu Emilia Benedict gibt es bei Twitter, bei Facebook und bei Instagram. Bei Amazon ist das Buch an dieser Stelle erhältlich. Bei diesem Link handelt es sich um Werbung, er enthält einen Affiliate-Code. | | Er hielt zwei breite Manschetten in der Hand und starrte Madison an, beinah zärtlich. Tat ihm womöglich leid, was er ihr da antat? Nur ein kurzer Augenblick und seine Mimik versteinerte wieder. Nun legte er eine der beiden Manschetten um ihren rechten Oberschenkel, die andere um den linken. Beide zurrte er fest. »Was tust du da? Das tut extrem weh, das ist zu straff.« Er zog sie noch fester, bis Madison das Gefühl hatte, ihre Beine würden platzen. Anschließend rollte er einen metallenen Wagen zu sich heran. Von ihrer Position aus konnte sie nicht erkennen, was darauf lag. Er nahm einen Gegenstand in seine Hand und hob ihn hoch. Ungläubig sah sie, wie er eine Spritze aufzog. Sie zitterte schlagartig, nur dieses Mal nicht vor Kälte, sondern aus Furcht. Entsetzt öffnete sie den Mund. »Was hast du vor?«, keuchte sie. »Bitte, tu das nicht. Lass uns doch über alles reden.« Sekunden darauf spürte sie einen Stich im linken Oberschenkel. Dasselbe machte er mit dem rechten. Er injizierte ihr irgendetwas. Danach schaute er auf die Uhr und ließ sie allein. Madison hörte, wie er die Treppe hinaufstieg. Die Tür fiel ins Schloss. Diesmal hatte er den Raum tatsächlich verlassen. Sofort versuchte sie sich zu befreien. Mit den Händen konnte sie keinen der Gurte erreichen, sie waren ihr dabei keine Hilfe. Mit leichten Hüftbewegungen versuchte sie im Wechsel die Beine lang zu machen und mit den Füßen zu strampeln. Mit etwas Glück würde der Riemen um ihre Oberschenkel ein Stück nach oben rutschen. Dann könnte sie immerhin ihre Beine bewegen und vielleicht irgendwie an ein Messer herankommen. Doch ihre Gliedmaßen wurden mit jeder Minute schwerer. Dann verlor sie die Kontrolle über ihre Beine. Sie wurden taub. Madison spürte sie nicht mehr. Was hatte er ihr da bloß gespritzt und vor allem warum? Im nächsten Augenblick hörte sie die Tür. Das regelmäßige Klacken verriet ihr, dass er in diesem Moment die Treppe herunterkam. O nein! Er kommt zurück! Ihr Herz raste. Was sollte sie jetzt tun, ihn anbetteln? »Bitte, binde mich los. Ich werde niemandem davon erzählen. Ich schwöre es dir.« Ihre Stimme bebte vor Angst. »Was habe ich dir getan? Du magst mich doch und ich mag dich auch«, versuchte sie es verzweifelt. »Sehr sogar. Bitte!« Er sah Madison an und überlegte. Dann schüttelte er den Kopf und wandte sich hastig ab. »Nein, nein, nein.« Dabei kramte er auf dem Metallwagen und nuschelte unablässig einen Singsang vor sich hin. Es klang wie ein Kinderreim, aber Madison verstand davon kein Wort. Redete er mit ihr oder mit sich selbst? »Bitte – was ist mit dir? Vielleicht kann ich dir helfen?« Er drehte sich um und kam mit einer Rolle Klebeband auf sie zu. »Ich spüre meine Beine nicht mehr. Was hast du mit mir gemacht?« »Psst!« Er legte den Zeigefinger an seine Lippen. Madison liefen Tränen aus den Augenwinkeln. Sie versuchte zu erfassen, was gerade mit ihr geschah. Sie schloss die Augen und öffnete sie wieder. Doch es war kein Traum, das hier war real und passierte tatsächlich ihr. Stumm sah sie zu, wie er ein Stück von der Rolle abtrennte. Beinah behutsam legte er es auf ihren Mund und strich es mit sanftem Druck fest. Danach hörte sie, wie er Richtung Treppe ging. An der Wand neben dem riesigen Waschtrog hingen eine Gummischürze und eine Schutzbrille, doch das lag nicht in ihrem Sichtbereich. Er nahm beides vom Haken, zog es über und kam mit einem Eimer in der Hand zurück zum Fußende des Tisches. Ein kreischendes Gerät heulte auf. Madison zuckte zusammen. Der Ton jagte ihr einen Schauer über den Körper. Vor Angst kniff sie die Augen zu und stöhnte unter dem Klebeband. Sie konnte nicht sehen, was er tat. Im Moment bückte er sich und sie sah nur seinen Schopf. Selbst wenn er aufrecht stand, reichte ihr Blickwinkel gerade mal bis zu seiner Brust. Nun hörte sie etwas dumpf poltern. Und noch einmal. Das Kreischen verstummte. Es plätscherte. Wasser? Was hatte er bloß vor. Sie musste ihn davon abbringen, bloß wie, wenn sie nicht einmal mehr sprechen konnte. Sie öffnete die Augen. Ihr Blick wanderte zurück zu ihm. Soweit sie erkennen konnte, war seine Schürze mit roten Spritzern übersät. Hatte er sich verletzt? Er bückte sich erneut. Als er sich wieder aufrichtete, hielt er einen blutverschmierten Fuß in der Hand. Sie schrie wie von Sinnen unter dem Klebeband. Sie wollte das nicht sehen, konnte aber auch nicht wegschauen. Mit einem Mal wurde ihr klar, der Fuß, die lackierten Zehennägel, das war ihr Fuß. Ihr eigener Fuß! Bilder flogen an ihrem inneren Auge vorbei. Die Spritze, ihre betäubten Beine, das kreischende Geräusch. Er hat meine Füße abgesägt! Hysterisch und völlig außer sich kreischte sie erstickt weiter, bis sie hyperventilierte. Ihre Ohren dröhnten und Sterne tanzten vor ihrem Sichtfeld. Schwarzer, dicker Nebel waberte in den Raum, bis er sie komplett verschlungen hatte. Sie wurde ohnmächtig.
Das Blut schoss inzwischen nicht mehr aus ihren Beinen, sondern tropfte nur noch. Den Eimer würde er so lange stehen lassen, bis es aufhörte. Er wollte nicht zu viel Sauerei auf dem Boden haben. Madison rührte sich nicht mehr. Sie lag reglos da, wie eine wunderschöne Venus. Seine wunderschöne Venus. Er war fast fertig mit ihr. Gleich würde sie ihn mit glücklichen Augen anlächeln, und das für immer. Er war ganz euphorisch und sogar ein wenig erregt. Aber nein. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Er nahm einen Stift und zog auf Madisons beiden Gesichtshälften eine dicke Linie vom Mundwinkel bis zu ihrem Ohr. Fasziniert betrachtete er sein Werk. Das ist ein bezauberndes Lächeln. Er konnte seinen Blick kaum abwenden. Dennoch griff er nach dem kleinen Skalpell, das neben der flachen Glasschale mit dem braunen Augenpaar lag. |
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