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LESEPROBE |
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Das Team von Leserkanone.de bedankt sich beim Pinguletta Verlag für die Einsendung dieser Leseprobe! Mehr zu Christine Rhömer gibt es auf ihrer Autorenseite, bei Facebook und bei Instagram. Bei Amazon ist das Buch an dieser Stelle erhältlich. Bei diesem Link handelt es sich um Werbung, er enthält einen Affiliate-Code. | | Schon bald musste er erkennen, dass seine Lothringer der Übermacht der Sachsen nicht gewachsen waren. So ergriff auch er mit seinen Männern die Flucht und wurde bis zur Elster verfolgt, wo viele von ihnen den Tod fanden. Er rettete sich mit seinen verbliebenen Mannen, unter ihnen Bertolt, mit letzter Kraft ans gegenüberliegende Ufer. Am Ende des Tages lagen Hunderte Kämpfer tot oder sterbend auf dem Feld verstreut wie Spreu, die vom Weizen getrennt und durch den Wind verteilt worden war. Etliche zog man bei Wiederau ertrunken aus der Elster. Noch immer hing ein intensiver Blutgeruch in der Luft. Rotmilane kreisten über dem Schlachtfeld, während die Sachsen das Lager bei Pegau und die Leichen plünderten, und dabei sicherlich auch Egbert von Rheinsporn nicht verschonten. Als Rudolf von Rheinfelden am nächsten Tag seinen Verletzungen erlag, brachte die eigentlich verlorene, aber letztendlich erfolgreiche Schlacht Heinrich von Laach Ehre ein. Doch dass er den toten Freund auf dem Acker zurücklassen musste, peinigte ihn sehr. Der Anblick des trefflichen Egbert, der, sich im Gras windend, am eigenen Blut erstickte, und dessen Bruders, der ihm mit stoischer Ruhe dabei zugesehen hatte, brannten sich dem Grafen ins Gedächtnis ein.
Gemessenen Schrittes erklomm Meda den steilen Aufstieg zur Festung Rheinsporn, den sie schon oft verwünscht hatte, wenngleich sie sehr wohl wusste, dass die Lage der Burg der Weitsicht über das Land und der besseren Verteidigung diente. Ihr Beutel war prall gefüllt mit frischen Kräutern, die sie brauchen würde, wenn Egbert und seine Männer verwundet vom Waffengang zurückkehrten. Der Aufstieg erinnerte sie daran, wie sie zum ersten Mal in die Burg gerufen worden war. Ein paar Jahre lang hatte sie sich zu der Zeit bereits in der Nähe von Rheinsporn aufgehalten, als die damals achtzehnjährige Burgherrin Agnes während der Geburt das Bewusstsein verloren hatte. Das Kind steckte fest und die Gebärende war dem Tode nah, doch Meda gelang es, die dunklen Schatten aus der Kemenate zu vertreiben. Als Lohn errichtete der Pfalzgraf ihr eine Hütte neben den Stallungen und bat sie, auf der Burg zu bleiben, um für ihr aller Wohlergehen zu sorgen. Seitdem genoss sie die Gunst des Pfalzgrafenpaares. Meda seufzte und blieb stehen, um zu verschnaufen. Man wusste nie, wie lange einem die Glücksgöttin Freya gewogen war, doch es schien so, als sei die Heilerin hier für längere Zeit in Sicherheit. Damit bot sich ihr zum ersten Mal die Gelegenheit, ihre bisher gesammelten Erkenntnisse niederzuschreiben. Denn ihr schwebte vor, ein Werk zu hinterlassen, das die Weisheiten über den menschlichen Körper, die Beschreibungen seiner Krankheiten und wirksame Gegenmaßnahmen enthielt, sodass die Nachwelt noch lange Nutzen aus ihrem Wissen ziehen konnte. Hoffentlich kehrte Egbert unversehrt von diesem Kriegszug zurück. Ob König Heinrich oder Rudolf von Rheinfelden diese Schlacht gewann, war ihr herzlich egal, und sie beteiligte sich nicht an entsprechenden Disputen in der Burghalle. Sie hatte so viele einflussreiche Männer kommen und gehen, das Licht der Welt erblicken und qualvoll wieder verlassen sehen. Sie alle waren getrieben gewesen von der Macht, die man ihnen anvertraut hatte. Kaum einer hatte sich als würdig oder gar weise erwiesen. Und auch in diesem Leben war das nicht anders. Es kümmerte sie ebenso wenig, ob der König in Canossa einen Sieg errungen oder eine Niederlage erlitten hatte. Das Einzige, was sie beschäftigte, war, dass der Einfluss der Kirche seitdem nahezu ungebrochen war. Es schien niemanden zu geben, der in der Lage war, dem Kirchenoberhaupt in Rom die Stirn zu bieten. Und so würden weiterhin die Maximen der christlichen Religion bestimmend sein für den Alltag der Menschen im Reich. Damit rückte ihr Wunsch, das alte Wissen weiterzugeben, in weite Ferne, und sie begab sich mehr denn je in Gefahr, wenn sie das Ziel trotzdem verfolgte. Sie atmete tief durch und setzte ihren Aufstieg fort. Kurz bevor sie das Burgtor erreicht hatte, vernahm sie das Schlagen von Pferdehufen auf dem gepflasterten Burgweg, das einen heranstürmenden Reiter ankündigte. Instinktiv spürte Meda, dass die Nachricht, die er brachte, erschütternd sein würde und nicht nur die Burgbewohner, sondern auch sie selbst beträfe. Auf alles gefasst trat sie beiseite und erkannte im kühlen Schimmer der Herbstsonne, dass es Karl war, der erste Ritter Egberts, der an ihr vorbeipreschte. Mit abgerissenem Waffenrock, verschlissenem Umhang voller Blutflecken und zersprungenem Kettenhemd. Offenkundig war er direkt von der Schlacht hierhergeeilt. Wahrscheinlich hatte er mehrmals das Pferd gewechselt, und würde gleich, nachdem er die Kunde überbracht hatte, bei ihr in der Hütte erscheinen, um seine Verletzungen behandeln zu lassen. Sein Gesicht war ausgemergelt, der Bart struppig und schmutzig, der Blick von Anstrengung und Leid gezeichnet. Das verhieß nichts Gutes. Hastig folgte sie ihm in den Burghof. Mit ernster Miene übergab Karl einem Stallburschen die Zügel seines Pferdes und forderte, dass man der Burgherrin seine Ankunft meldete. Dann hinkte er in Richtung der großen Halle. Beklommenes Schweigen breitete sich im Burghof aus, als die Bediensteten in ihrer Arbeit innehielten und ihm mit verstohlenen Blicken hinterherschauten. Meda hob den Kopf und sah Agnes in der Fensteröffnung ihrer Kemenate stehen. Selbst auf die Entfernung erkannte sie, dass der jungen Frau das Blut aus den Wangen gewichen war. Meda wischte sich die Hände an ihrem Kittel ab und eilte in ihre Hütte. Rasch suchte sie ein paar Kräuter zusammen, die Agnes aus dem Schockzustand herausholen würden, hastete in den Frauenturm und bat darum, zur Burgherrin gelassen zu werden. |
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