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From Miami with Love 1 - Scarlett & William
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LESEPROBE |
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Das Team von Leserkanone.de bedankt sich bei Amanda Frost für die Einsendung dieser Leseprobe! Mehr zu Amanda Frost gibt es auf ihrer Autorenseite, bei Twitter, bei Facebook und bei Instagram. Bei Amazon ist das Buch an dieser Stelle erhältlich. Bei diesem Link handelt es sich um Werbung, er enthält einen Affiliate-Code. | | Ein Klingeln ertönt, als das antike Türglöckchen beim Eintreten meinen Besuch ankündigt. In der Nähe des French Quarter gelegen ist der kleine Souvenirladen meiner Eltern ihr Heiligtum. Sie betreiben ihn seit einer Ewigkeit und könnten sich ein Leben ohne das Geschäft nicht vorstellen. Im Vergleich zu vielen anderen Läden gibt es hier allerdings nicht nur den üblichen Kitsch, sondern obendrein ausgefallene Unikate wie Tassen, Teller und Tischdecken, die Mom in liebevoller Handarbeit anfertigt. Früher war der Shop von morgens bis abends gut besucht, doch dann kam Katrina. Der Wirbelsturm legte die Stadt lahm und nahm meinen Eltern um ein Haar ihre Existenzgrundlage. Mit den letzten verbleibenden Geldmitteln konnten sie sich über Wasser halten, bis endlich wieder Besucher und Geschäftsleute in die Region kamen. Zwar boomt der Tourismus seit einigen Jahren wieder, doch zeitgleich wurden jede Menge neue Läden eröffnet, sodass meine Eltern konstant ums Überleben kämpfen müssen. Was erschwert wird, seitdem Mom aufgrund einer Diabeteserkrankung regelmäßig an die Dialyse muss und auf viele Untersuchungen und Medikamente angewiesen ist. Folglich entschied ich vor einigen Jahren, ihnen finanziell unter die Arme zu greifen, da die Arztkosten fast ihr gesamtes Einkommen verschlingen. Dahingehend wäre es natürlich hilfreich, wenn ich zukünftig mehr verdienen würde. Was aber den Nachteil hätte, dass ich nicht mehr andauernd nach meinen geliebten Eltern sehen könnte. Einen Tod muss ich jetzt wohl sterben. Während ich durch den Shop wandere, schweifen meine Blicke über die T-Shirts und Basecaps mit New Orleans Aufdruck, die Mardi Gras Puppen sowie das Sammelsurium an venezianischen Masken und Federboas. Skelette und Plastikfledermäuse hängen von der Decke herab und geben dem Laden den leicht schaurigen Touch, der einfach zu New Orleans dazugehört. Auf der rechten Seite glitzern die Beads. Bunte Perlenketten, die während der Mardi Gras Paraden in die Menge geworfen werden und bei Touristen hoch im Kurs stehen. Die Alligatorenköpfe ignoriere ich geflissentlich, da ich Souvenirs, die aus toten Tieren hergestellt worden sind, noch nie etwas abgewinnen konnte. Leise Jazzmusik läuft im Hintergrund und es riecht nach den scharfen Cajun-Gewürzen und Soßen, die hier ebenfalls angeboten werden. Mein Vater steckt den Kopf durch den dunkelroten Samtvorhang, hinter dem sich das Lager und ein kleiner Aufenthaltsraum befinden. Als er mich entdeckt, erhellt ein Strahlen sein Gesicht und er eilt mir mit großen Schritten entgegen. Mit seinen 55 Jahren ist er nach wie vor ein stattlicher Mann, auch wenn er in letzter Zeit ein paar Haare verloren hat. „Scarlett, wie schön, dich zu sehen.“ Überschwänglich zieht er mich in seine Arme. „Rose!“, brüllt er indessen nach hinten. „Unsere Tochter ist da.“ Sekunden später erscheint auch meine Mutter. Ihr knallrotes Haar trägt sie aus Gründen der Bequemlichkeit mittlerweile kurz geschnitten, was sie pfiffig und jugendlich wirken lässt. Sie hat in den letzten Jahren einige Kilos zugelegt, doch außer den Ärzten stört das in unserer Familie niemanden, denn gutes Essen stand bei uns schon immer hoch im Kurs. „Ich muss euch etwas fragen“, komme ich gleich zum Punkt, nachdem mich auch meine Mutter ausgiebig gedrückt hat. „Was würdet ihr dazu sagen, wenn ich für einige Zeit nach Miami ginge?“ Ich beobachte die Reaktion meiner Eltern genau. Die Schatten, die ihre Mienen fast zeitgleich verdunkeln, signalisieren mir, dass sie darüber alles andere als erfreut sein würden. Dessen ungeachtet sind beide versucht, sich ihr Missfallen nicht anmerken zu lassen. „Um was zu tun?“, erkundigt sich Dad. „Living will das Bewertungsportal auf Florida ausdehnen. Ich soll dort Aufbauarbeit leisten.“ Mom greift nach meiner Hand. „Möchtest du das denn, mein Mädchen?“ „Ich bin mir nicht sicher. Sollte ich erfolgreich sein, könnte es uns gutes Geld einbringen.“ „Du machst das aber nicht nur meinetwegen, oder?“, erkennt sie scharfsinnig. „Im Grunde genommen lässt mir meine Chefin keine große Wahl. Dass ich dabei vielleicht mehr verdienen würde, wäre ein erfreulicher Nebeneffekt.“ „Dann geh, mein Kind, und mach das Beste daraus. Versprich mir aber, dass du zurückkehrst, falls du dich dort nicht wohlfühlen solltest. Mit deiner Tüchtigkeit und Intelligenz bist du nicht auf Living angewiesen. Du würdest auch hier rasch einen anderen Job finden.“ Sie blickt mir eindringlich in die Augen. „Unter einer Voraussetzung, du besuchst uns, wann immer möglich.“ „Oder ihr kommt zu mir nach Miami. Ein paar Tage werdet ihr hier doch mal zusperren können, oder?“ Demonstrativ lasse ich meinen Blick durch das Geschäft schweifen. Ihr Zögern ist Antwort genug. Sie können es sich schlicht und ergreifend nicht leisten, auch nur einen Tag auf die mageren Einnahmen zu verzichten, die der Laden abwirft. In dieser Sekunde fasse ich einen Entschluss. Ich wage den Schritt, versuche in Miami erfolgreich zu werden und kehre schnellstmöglich zurück.
Nachdem ich mich unter Tränen von meinen Eltern verabschiedet habe, packe ich am nächsten Tag meine Koffer. Delilah hat mir bereits in der Nähe des Malone Hotels ein kleines möbliertes Apartment angemietet. Da es jedoch im Moment noch renoviert wird, quartiert sie mich fürs Erste direkt im Hotel ein. Ihrer Meinung nach sollte das sogar von Vorteil für den zu erledigenden Job sein. Ein ungutes Gefühl bleibt dennoch, da ich die Südstaaten bisher kaum verlassen habe. Gut, einmal war ich in New York und danach bei Verwandten in London. In keiner der beiden Städte habe ich mich wohlgefühlt. Ich bin eher ein Landei und habe nicht die geringste Ahnung, wie ich auf Dauer mit dem Stress und der Lautstärke einer richtigen Großstadt klarkommen soll. |
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