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Klios Archive

Verfasser: Astrid Rußmann (3)
Verlag: Books on Demand (5546) und Eigenverlag (30593)
VÖ: 31. Dezember 2015
Genre: Historischer Roman (7734) und Kurzgeschichtensammlung (3090)
Seiten: 264 (Taschenbuch-Version), 143 (Kindle-Version)
Themen: Französische Revolution (52), Paris (930), Rauchen (24), Römisches Reich (196)
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1793 – Frauenrechte


Zarter Aprilregen bedeckte die Plane, unter der die „Kurzmacherin“ die Nacht verbracht hatte. Schon vor Sonnenaufgang strömten die ersten Pariser auf die Place de la Révolution und besetzten dort die Bänke, die der neue Wohlfahrtsausschuß hatte hinstellen lassen. Es war Dienstag – Hinrichtungstag –, und im Laufe des Vormittags würde sich viel Volk um die Guillotine drängen.
     Wenn man nicht bereit war, schon beim ersten Hahnenschrei zu erscheinen, war man gut beraten, sich seine eigene Sitzgelegenheit mitzubringen. Sonst mußte man stundenlanges Stehen in Kauf nehmen, um alles mitzubekommen. Die meisten Pariser blieben aber ohnehin nur für ein, zwei Exekutionen da, dann war ihre Sensationsgier schon in allzuviel Blut ersoffen. Und außerdem hatten sie auch noch ihre Arbeit zu tun. Man konnte nicht einfach die Boucherie oder die Boulangerie schließen, um stundenlang zu applaudieren, wenn korrupte Pfaffen oder Königssympathisanten ihre verdiente Strafe erhielten. Überdies stank es auf dem Platz schon nach wenigen Hinrichtungen so durchdringend nach Blut, daß man es kaum länger als zwei Stunden ertrug, und so gab es an den Hinrichtungstagen auf der Place de la Révolution ein ständiges Kommen und Gehen.
     Ein ganz besonderes Grüppchen braver Bürgerinnen allerdings hatte sich zum Ziel gesetzt, keine Vollstreckung eines Todesurteils zu versäumen, und störte sich selbst am Gestank nur wenig. Sie gingen erst dann nach Hause, wenn die Kurzmacherin wieder abgedeckt wurde, und weil sie während der Hinrichtungen Strümpfe strickten, nannte man sie in Paris nur „die Strickerinnen“. So versorgten sie die Armee, die Frankreich und seine Revolution gegen die europäischen Großmächte verteidigte, ständig mit warmer Bekleidung.
     Die Strickerinnen hatten es nicht nötig, sich an Hinrichtungstagen mit irgend jemandem um die besten Plätze am Schafott zu balgen. Sie kamen, wann sie wollten. Wo sie sitzen durften, das kennzeichnete eine Banderole: „Unseren tapferen Frauen vom 5. und 6. Oktober“. Im Jahre I der Freiheit, knapp anderthalb Jahre zuvor, hatten Pariser Bürgerfrauen den König und die Königin aus Versailles in die Hauptstadt geholt und sie so gezwungen, sich den Zuständen in Paris zu stellen. Niemand hätte je gewagt, sich niederzulassen, wo für die Strickerinnen reserviert war.
     Wenn sie kamen, dann dauerte es nicht mehr lang, bis das Spektakel losging. Manche unkten, sie seien wichtiger als die Verurteilten selbst. Als gegen zehn Uhr die Bürgerinnen Bouchet, Chevalier und Cherbourg, jede mit einer Kokarde am Hut, die Place betraten, wurden sie mit Applaus empfangen. Einige aus der Menge bejubelten ihr Erscheinen mit Hochrufen „auf die Frauen der Republik“, und die Frauen der Republik grüßten mit einem Winken zurück.
     „Bürgerinnen!“ Ein Revolutionsgardist, der für Ruhe und Ordnung sorgen sollte, salutierte vor ihnen. Ein Lächeln war sein Lohn. Die drei Frauen sahen sich nach geeigneten Sitzplätzen um, und die junge Françoise Cherbourg wisperte ihren beiden Freundinnen zu: „Heute bitte nicht ganz vorn an der Kurzmacherin. Neulich hat mir das Blut vom Wucherer meinen besten Rock ruiniert.“
     „Dann laßt uns dort drüben sitzen, ein wenig schräg hinter dem Leichenkorb“, sagte Marie Bouchet. „Weiter hinten sieht man nicht mehr gut genug. Ich möchte schon noch etwas mitbekommen.“
     Damit war Françoise einverstanden, und so folgten die Frauen Maries Vorschlag. Sie hatten alle drei ihr Strickzeug dabei. Zunächst aber galt es, ein leichtes Frühstück einzunehmen. Heute war Jeanne Chevalier für die Verpflegung zuständig. Ihre beiden Freundinnen bekamen vor Freude ganz große Augen, als sie Plundergebäck auspackte und dazu noch einen Bocksbeutel mit Wein. In einer Zeit, in der der Brotpreis für jeden Durchschnittshaushalt ein tägliches Problem war, zahlte es sich eben aus, mit der Frau eines Bäckers befreundet zu sein.
     „Was steht denn heute eigentlich auf dem Programm?“ fragte Françoise, als sie nach einem ersten herzhaften Biß in das herrlich frische Plunderstück die Krümel von der Schürze schüttelte. „Irgendwelche Prominenz?“
     „Nein, ich glaube nicht“, gab Marie zurück. „Nur ein paar Kleriker und Strauchdiebe, nehme ich an. Einen König wirst du hier wohl nicht mehr sterben sehen.“
     Sie erinnerten sich alle drei noch sehr gut an den Tag im Januar. Der Bürger Capet, vormals bekannt als Louis XVI., war mit gefesselten Händen, nur mit einem weißen Hemd und einer Kniebundhose bekleidet, aufs Schafott gestiegen, und der Chefscharfrichter von Paris, selbst ein Royalist, hatte Mühe gehabt, seine Tränen zurückzuhalten, als er der grölenden Menge das abgeschlagene Haupt des Königs zeigen mußte. Etwas derartig Spektakuläres war nun natürlich nicht mehr zu erwarten, aber auch Marie hoffte noch, daß es irgendwann wieder jemanden treffen würde, den sterben zu sehen so richtig aufregend war, denn sie wußte, daß noch ein paar dicke Fische im Teich schwammen, die auch unters Messer gehörten.
     „Was ist mit der Königin? Meint ihr, daß die auch bald dran ist?“ fragte Jeanne Chevalier.
     „Na, na, na“, tadelte Marie. „Nicht übermütig werden, Jeanne. Alle, die da oben landen, haben sich zu Feinden der Republik gemacht. Was zählt es, ob sie vorher einen hochherrschaftlichen Salon geführt oder Fisch verkauft haben?“
     „Mesdames, guten Morgen“, sagte da auf einmal jemand, „darf ich mich setzen?“
     Die drei Strickerinnen sahen auf. Vor ihnen stand eine elegante Frau, zwar nicht mehr ganz jung, aber überaus gepflegt. Sie trug ein altmodisches Taftkleid, ganz unrevolutionär, und – was für ein Affront! – keine Kokarde. Hätte sie noch eine Perücke aufgehabt, wäre sie als Adlige durchgegangen. Aber vielleicht war sie auch Girondistin. Marie entschied, daß die Frau auf ihrer Bank nichts zu suchen hatte.
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