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BLOGGERNOTE DES BUCHS |
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LESEPROBE |
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Das Team von Leserkanone.de bedankt sich bei JD Alexander für die Einsendung dieser Leseprobe! Mehr zu JD Alexander gibt es auf seiner Autorenseite, bei Facebook und bei Instagram. Bei Amazon ist das Buch an dieser Stelle erhältlich. Bei diesem Link handelt es sich um Werbung, er enthält einen Affiliate-Code. | | Sam probierte ein freundliches Nicken, aber es wollte ihm nicht gelingen. »Bitte, Papa! Im Kindergarten haben wir auch einen gemacht!« »Klar, Max«, antwortete er und wusste, dass es falsch war, ihn anzulügen. Wenn er das Krankenhaus lebendig verlassen würde, würde er die nächsten Monate mit Sicherheit keine Schneemänner bauen. Er würde gar nichts tun, außer ums Überleben kämpfen. »Komm her, du«, sagte Sam und kniete sich zu ihm. Er strich ihm durch das blonde Haar, das in einem Topfschnitt in sein Gesicht hing. Max murrte und schob die lästige Hand genervt beiseite. Sam zog ihn an seine Brust, hielt ihn fest. Doch sein Sohn befreite sich und schaute ihn irritiert und fragend an. Seine kleine, helle Stirn legte sich in Falten. Kamen Tom und Laila nach ihrer Mutter mit ihrer braunen Haut und den pechschwarzen Haaren, so schlug Max ganz nach Sam. Und nicht nur die Haare, selbst die Art, die Stirn zu runzeln, hatte er irgendwie von Sam geerbt. Er tat es so oft, dass ihn die Betreuerinnen im Kindergarten mit dem Spitznamen »der Denker« versehen hatten. Max war ein Grübler. Er merkte schneller als andere Kinder, wenn etwas nicht stimmte. Er hatte ein Gespür für so etwas. »Aber versprochen!« Sam kämpfte mit den Tränen. »Erst«, sagte Mariasha und stand auf, »gehen wir Papa am Wochenende mal besuchen.« Sie schüttete ihren Kaffee in die Spüle. Max schaute kurz zu ihr hoch, dann wieder zu seinem Vater zurück. »Versprochen«, sagte Sam erstickt. Er küsste seinen Sohn auf die Stirn und stand auf. Unweigerlich begann Max zu weinen, ohne genau zu wissen, warum. »Hey«, schaltete Tom sich ein. Er hatte sein Telefon längst weggesteckt. Mit dünner Stimme fragte er seinen Bruder: »Wollen wir Lego spielen, hm? Was hältst du davon? Du darfst auch bestimmen, was.« »Nein«, erwiderte Max stur und schniefte. Er verschränkte die kleinen Arme vor der Brust und runzelte die Stirn. Tom seufzte. Er stand auf, umarmte seinen Vater schnell, spürte, wie Sam ihn fest an sich drückte. Dann hob er seinen kleinen Bruder hoch. Aber Max hatte nicht vor, mitzuspielen. Er versuchte, sich mit spitzen Ellbogen zu entwinden, während Tom ihn in die Küche trug. Er machte sich schwer, ließ jeden Muskel locker, wurde zu einem kleinen menschlichen Zementsack, sodass Tom ins Schwanken geriet und leise fluchte. Sam schluckte, heftete den Blick zu Boden und nickte knapp, ehe er seiner Frau folgte. Sie war in den Flur getreten, nahm die Schlüssel aus einer Schale und öffnete die Haustür. Samuel schnappte sich die Tasche, die sie nach dem Aufstehen gepackt hatten, und wollte hinausgehen. Er zögerte, als er seine Laufschuhe erblickte. Vor zwei Monaten noch war er die beste Halbmarathonzeit seines Lebens gelaufen. Er war doch gesund. Er war fit. Er war nicht alt. Er war sportlicher als die meisten seiner Freunde und Verwandten. Trank nicht, rauchte nicht. Es war so verdammt unfair. So surreal. Es war … »Liebling«, zog ihn Mariasha aus seinen Gedanken. Er nickte, wollte ihr hinausfolgen, als ihn ein Schrei herumfahren ließ. »Nicht gehen!«, rief Max gepresst. Sam hörte, wie der Kleine irgendwo hinter ihnen zu Boden plumpste. Er musste den Armen seines Bruders entkommen sein. Im nächsten Moment flitzte er durch den Flur und warf sich seinem Vater entgegen. Er umklammerte seine Beine mit aller Kraft und schluchzte trotzig auf. »Bitte, Papa, bleib da!« Sam hatte die Arme in die Luft gehoben, sah ratlos auf sein Kind hinab und brachte kein Wort heraus. Er fühlte sich wie in der ersten Nacht nach Toms und Lailas Geburt. Völlig überfordert. Alle Erfahrung seines elterlichen Daseins war wie ausgelöscht. Schlimmer noch, er spürte die Angst seines Sohnes und dass sie seine eigene befeuerte wie Brandbeschleuniger. Mariasha musste ihm helfen. »Max, lass los«, ächzte sie. Aber der Kleine weigerte sich, locker zu lassen. Sam stolperte, musste sich an der Garderobe festhalten. Schließlich schaffte es Mariasha, Max irgendwie von ihrem Mann zu trennen. Er wollte sich gleich wieder auf ihn stürzen, aber sie hob den Zeigefinger. »Schluss jetzt!« Max hielt inne, legte das Kinn auf die Brust und verschränkte trotzig die Arme. Aus zornesnassen Augen funkelte er seine Mutter an. Dann wischte er mit einer trotzigen Handbewegung die Schale mit den Münzen vom Garderobentisch und rannte weinend die Treppe hinauf in sein Zimmer. Tom warf seinen Eltern einen Blick zu, der versprach, dass er sich um ihn kümmern würde, und lief ihm hinterher.
Als sie das Haus verließen, empfing sie ein eisiger Februarwind. In der kleinen Vorortsiedlung war alles wie immer: Die Menschen lüfteten ihre Schlafzimmer, holten ihre Zeitungen, stiegen in ihre Autos, fuhren zur Arbeit. Auf der anderen Straßenseite stand Murat Cem. Er hatte eine Zeitung aus dem Postkasten genommen und schien darin zu lesen. Der Pensionist trug bloß einen Bademantel und stand in Hauspantoffeln im Schneematsch, doch das schien ihm egal zu sein. Er hatte die Zeitung aufgeschlagen und beugte sich immer tiefer darüber. Seine Hände krallten sich in das Papier und spannten es auseinander. Sam konnte es zittern sehen. Jan, Sams direkter Nachbar, wartete bei seinem Auto ungeduldig auf seine Tochter. Er sah freundlich herüber, schürzte die Oberlippe. »Jeden Morgen dasselbe«, rief er resigniert und zuckte mit seinen massigen, breiten Schultern, die sich unter der Winterjacke abzeichneten. Mariasha reagierte nicht darauf und stieg ein. »Alles okay?«, fragte Jan laut über den Zaun hinweg. »Alles gut«, gab Samuel zurück und bemühte sich, höflich zu bleiben. Er winkte und versuchte zu lächeln. An Jans irritiertem Gesichtsausdruck erkannte er, dass es ihm nicht gelang. »Wie läuft das Training? Ich habe dich seit Wochen nicht mehr laufen sehen.« |
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