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BLOGGERNOTE DES BUCHS |
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Lesermeinungen (2) Leseprobe |
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LESEPROBE |
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Das Team von Leserkanone.de bedankt sich bei Amanda Frost für die Einsendung dieser Leseprobe! Mehr zu Amanda Frost gibt es auf ihrer Autorenseite, bei Twitter, bei Facebook und bei Instagram. Bei Amazon ist das Buch an dieser Stelle erhältlich. Bei diesem Link handelt es sich um Werbung, er enthält einen Affiliate-Code. | | „Ivy, du wirst es nicht glauben!“, fällt Oliver eines Abends über mich her, als ich die moderne Restaurantküche mit den glänzenden Aluminiumschränken betrete. Wie so üblich riecht es hier köstlich und allein der Duft steigert meinen Appetit. Oliver kocht grundsätzlich für alle Angestellten, daher lag es in meiner Absicht, mir eine Kleinigkeit zum Essen zu besorgen. Mein Koch wirkt aufgeregt und ich ahne, dass mir nicht gefallen wird, was ich gleich zu hören bekomme. Während er hektisch einen Topf vom Herd zieht, nehme ich Oliver genauer in Augenschein. Im Grunde genommen ist er mit seinen großen dunklen Augen und den dichten Augenbrauen ein attraktiver Kerl. Allerdings ist er ein Einzelgänger, und ich kann bis heute nicht beurteilen, ob er eher auf Männer oder auf Frauen steht, denn seitdem er für mich arbeitet, habe ich ihn noch nie in trauter Zweisamkeit mit einer anderen Person gesehen. Ich befürchte, er ist sich selbst nicht so ganz über seine Neigungen im Klaren. Aber eigentlich ist mir das gleich, da ich Oliver sehr schätze. Er ist ein wahrer Freund und der beste Koch, den man sich wünschen kann. Hektisch wischt er sich die Finger an seiner eleganten schwarzen Schürze ab, die er laut eigener Aussage unbedingt zum Kochen benötigt, und wendet sich mir zu. „Unzählige Männer sind vorhin auf dem Weingut nebenan eingezogen. Sie wirken gefährlich und tragen Tarnkleidung, wie Soldaten. Ich glaube, ein paar von ihnen waren sogar bewaffnet.“ Theatralisch wirft er die Hände in die Luft. „Sie werden uns alle töten, gefangen nehmen oder impfen. Uns Chips einsetzen und in Marionetten verwandeln.“ Ich verdrehe die Augen. „Oliver, bitte, jetzt übertreibst du.“ „Du solltest die Polizei einschalten!“, geht er gar nicht auf meinen Einwand ein. „Aber was soll ich den Beamten denn erzählen? Die halten uns doch für irre, da wir seit Tagen unsere Nachbarn bespitzeln. Am Schluss kassieren wir noch eine Anzeige wegen Stalking.“ „Und falls es sich bei diesen Kerlen um gefährliche Killer handelt? Oder eine Gruppe von Hackern, die die Regierung stürzen will? Vielleicht geht es ja auch darum, unsere Gäste auszurauben“, fabuliert er weiter, während er gedankenverloren nach ein paar Möhrchen greift, die er zwischen den Fingern dreht und wendet. „Ich werde darüber nachdenken. Mach dir nicht allzu große Sorgen. Immerhin ist noch keiner dieser Kerle hier aufgetaucht. Was auch immer sie planen, uns scheinen sie nicht im Visier zu haben.“ Ich schnappe mir eine Fleischpastete samt Besteck von einem Sideboard und verlasse rasch die Küche, da ich weiß, Olivers schrägen Endzeitvorstellungen sind keine Grenzen gesetzt.
Als ich später im Bett liege und auf dem Parkplatz neben dem Hotel etwas klappert, zucke ich zusammen. Verdammt, bisher habe ich mich hier immer geborgen und sicher gefühlt, aber nach und nach steigt auch in mir ein ungutes Gefühl auf. Der neue Nachbar und natürlich mein Koch mit seinen wilden Spekulationen machen mich nervös. Ich schalte das Licht ein und lasse meinen Blick versonnen durch das kleine Schlafzimmer mit den hellen Holzmöbeln schweifen. Draußen herrscht jetzt wieder Stille und alles scheint in bester Ordnung zu sein, dennoch komme ich nicht zur Ruhe. Nachdem ich auf die Uhr geblickt habe, greife ich zögerlich zum Telefon. Ich rufe jedoch nicht die Polizei an, sondern meinen Onkel, Percy Wilson, einen wohlhabenden Engländer, von dem ich weiß, dass er unter anderem eine Security-Firma betreibt. Vielleicht hat er ja eine Idee, an wen ich mich mit meinen Problemen wenden könnte. Möglicherweise kann er ja sogar Ermittlungen für mich durchführen lassen, sodass ich nicht sofort die neuseeländische Polizei einschalten muss. Ich habe meinen Onkel seit einer Ewigkeit nicht gesehen und im Grunde genommen kenne ich ihn kaum. Unser letztes Zusammentreffen fand vor etwa sechs Jahren bei der Beerdigung meiner Mutter statt, Percys Schwester. Meine Mom war ebenfalls gebürtige Engländerin, brach aber früh aus ihrem goldenen Käfig aus und tingelte durch die Welt. Ihr Vater, ein britischer Geschäftsmann, der mit Edelsteinen ein Vermögen gemacht hatte, terrorisierte seine beiden Kinder leider bis aufs Blut. Ein Zustand, den meine Mutter auf Dauer nicht ertragen konnte. Während ihrer Reisen wurde sie dann irgendwann schwanger. Allerdings habe ich meinen Dad niemals kennengelernt. Ich glaube, Mom wusste selbst nicht so genau, wer er war. Doch sie war eine emanzipierte Frau und hatte keinerlei Bedenken, ein Kind allein aufzuziehen. Sie ließ sich in Neuseeland nieder, da ihr die Entspanntheit, Toleranz und Leichtigkeit der Kiwis gefiel. Außerdem schätzte sie die atemberaubenden Gegenden mit den saftig grünen Wiesen, Vulkanlandschaften und weißen Stränden. Während meiner Kindheit und Jugend jobbte sie in einem kleinen Blumen- und Weinladen in der Nähe von Auckland, was schon früh auch meine Begeisterung für Wein und Pflanzen erweckte. So absolvierte ich nach der Highschool eine Ausbildung zur Floristin und fand danach eine Anstellung in einer Gärtnerei, in der ich mich rundum wohlfühlte. Unsere Idylle zerbrach jedoch klirrend, als bei Mom eine Krebserkrankung diagnostiziert wurde. Sie war eine starke Frau und besiegte den Krebs zunächst, doch er meldete sich zurück und beim zweiten Mal erlag sie dieser bestialischen Krankheit binnen Wochen. Sie hinterließ mir eine beträchtliche Geldsumme, die ihr Bruder Percy ihr nach dem Tod meines Großvaters hatte zukommen lassen. Mein herzallerliebster Opa hatte seine Tochter nämlich schlichtweg enterbt, als sie England damals verlassen hatte. Doch Percy ließ es sich nicht nehmen, sein Erbe mit ihr zu teilen. |
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