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BLOGGERNOTE DES BUCHS |
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LESEPROBE |
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Das Team von Leserkanone.de bedankt sich bei Annie Waye für die Einsendung dieser Leseprobe! Mehr zu Annie Waye gibt es auf ihrer Autorenseite, bei Facebook und bei Instagram. Bei Amazon ist das Buch an dieser Stelle erhältlich. Bei diesem Link handelt es sich um Werbung, er enthält einen Affiliate-Code. | | So viele unterschiedliche Menschen fanden hier zusammen. Mann und Frau, Jung und Alt, manche in Jogginghosen, andere in Uniform – Angestellte in unflexiblen Berufen, die es an diesem besonderen Tag einfach nicht früher nach Hause geschafft hatten, aber auch nicht mit leeren Händen ankommen wollten. Ich konnte den Herrn verstehen, dem ich violette Rosen für seinen Freund oder Mann verkauft hatte. Obwohl wir heute viel Geld verdienten, war ich kein Fan vom Valentinstag – nicht zuletzt aufgrund meiner Erfahrungen in der Schule. Aus der Ferne betrachtet war dieser Tag unglaublich romantisch, aber oft auch zu abgehoben. Ein Anlass, zu dem man seinen Partner mit genau der Liebe überschüttete, die er doch eigentlich jeden Tag verdient hätte. Wenn ich mal nicht aufpasste, ertappte ich mich dabei, wie ich Menschen mit Blumen verglich – nicht nur mit charakterstarken Rosen und weichem Eukalyptus. In einer Frau, die am Laden vorbeilief, glaubte ich eine Lilie zu sehen, in einem älteren Mann eine kraftvolle Orchidee – und dann betrat ein Kunde den Raum, der sofort meine volle Aufmerksamkeit hatte. Er erinnerte mich an eine Hyazinthe. Großgewachsen, lebhaft, facettenreich. Während er durch den Verkaufsraum trat, ließ er den Blick über das Angebot schweifen, was aber nichts daran änderte, dass er sich unentwegt auf mich zubewegte. Zielstrebig. Er hatte blonde, gegelte Haare und trug trotz der kalten Februartemperaturen nur ein Shirt mit Jeansjacke darüber. Auf den ersten Blick konnte ich ihn nicht einordnen. Eine Hyazinthe, ja, ganz eindeutig, aber abgesehen davon war ich mir nicht sicher, was jemand wie er heute Nacht hier wollen könnte. Seine Geschichte breitete sich nicht wie von selbst vor mir aus – und das machte mich neugierig. »Hey.« Er schenkte mir ein zuvorkommendes Lächeln, noch bevor ich meines aufsetzen konnte. »Hallo.« Ich stand hinter dem Tresen, ein halbfertiges Blumengesteck neben mir, das ich zuletzt vor einer Stunde angerührt hatte und zu dem ich seitdem nicht mehr gekommen war. Es war schon kurz nach zehn, aber es kamen immer noch mehr Leute rein als an anderen Tagen zu den normalen Öffnungszeiten. Ich konnte mich nicht beschweren. »Sind Sie auf der Suche nach etwas Bestimmtem?« »Ja, ich glaube schon.« Mein Gegenüber steckte beide Hände in die Jackentaschen und blickte sich um. »Ich suche nach … Blumen, schätze ich.« Ich lächelte. »Wer hätte das gedacht?« »Sie sind für meine Mutter«, stellte er gleich klar. »Sie wurde gestern aus dem Krankenhaus entlassen und erholt sich gerade. Ich wollte ihr eine Freude machen.« »Ich verstehe.« Sofort begann es in meinem Kopf zu rattern. »Hat sie eine Lieblingsblume? Oder Farbe?« Das Lächeln des Mannes nahm etwas Gequältes an. »Nicht wirklich. Sie ist schon seit ein paar Jahren blind und erinnert sich nicht mehr so gut daran, wie es war, Dinge zu sehen.« Er zog die Schultern hoch. »Deshalb bin ich etwas aufgeschmissen.« Meine Augen weiteten sich leicht. Das war eine Herausforderung. Aber gleichzeitig auch eine ganz neue Freiheit. »Hyazinthen«, murmelte ich und blickte mich hilfesuchend im Raum um. Der Mann blinzelte. »Wie bitte?« Er konnte nicht viel älter sein als ich, mit einer ausgeprägten Kieferpartie und ebenso braunen Augen wie ich. Ich bemerkte, dass ich einen Tunnelblick bekam. Hyazinthen waren natürlich keine klassischen Straußblumen, aber dafür ein umso schöneres Beiwerk. Am allerbesten ergänzten sie Tulpen. Tulpen – ungefähr die einzigen Blumen, von denen ich heute absolut keine da hatte. Wohin ich auch blickte, waren da nichts als Rosen. Ich biss mir auf die Unterlippe und fixierte meinen Kunden. »Sie haben jetzt zwei Möglichkeiten«, klärte ich ihn auf. »Entweder wir suchen uns etwas aus unserem Angebot für Sie aus, oder ich binde Ihnen einen individuellen Strauß, der wirklich zu Ihnen passt. Dafür muss ich allerdings noch was besorgen – das bedeutet, Sie könnten ihn erst morgen abholen.« Mein Gegenüber schenkte mir ein tiefes, warmes Lächeln. »Das klingt gut. Wenn ich es mir recht überlege«, fügte er gedehnt hinzu, »lässt sich der Anlass doch bestimmt mit einem gemeinsamen Kaffee …« Ich hörte nicht mehr, was er sagte, da in diesem Moment ein weiterer Kunde den Laden betrat und sofort meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Es brauchte nicht mehr als einen Blick, um zu wissen, dass er Ärger bedeutete.
2. Bloemen
Ich wusste nicht, ob es an seinen wallend roten Haaren lag, an dem leichten, strubbeligen Bartwuchs, der ihm etwas Löwenähnliches verlieh, oder daran, wie er sich bewegte – aber ich vergaß auf einen Schlag alles, was ich gerade hatte tun wollen. Der Mann schritt nicht ins Geschäft, er stolperte regelrecht hinein. Er musste Mitte zwanzig sein, trug eine Lederjacke und dazu ein überlanges T-Shirt. Seine Jeans lagen eng an seinen langen, dünnen Beinen an und wirkten abgewetzt, allerdings nicht so, als hätte er sie in diesem Zustand gekauft. Noch während er über die Schwelle trat, drehte er sich bereits im Kreis, gehetzt, suchend, als hätte er etwas verloren. Da er dabei aber nicht den Boden, sondern unsere Sträuße fixierte, schloss ich diese Option sofort aus. Eine seltsame Unruhe machte sich in mir breit. »Guten Abend!«, sagte ich laut und deutlich, konnte seine Aufmerksamkeit jedoch nicht auf mich ziehen. Meine Güte, war der Kerl etwa high? »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?« Der blonde Kunde neben mir sah von mir zu ihm und wieder zurück. Dann räusperte er sich. »Also, was den Strauß angeht …« |
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