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Daniel Hadrovic |
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Herkunft: |
Deutschland |
Facebook: |
daniel.hadrovic
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Interview: |
Leserkanonen-Interview mit Daniel Hadrovic vom 03.01.2018
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Exklusivinterview mit Daniel Hadrovic vom 03.01.2018
von Daniela Peine
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Daniel Hadrovic versammelt viele ungewöhnliche Geschichten in seiner Anthologie »Küss mich, Stalker«. Im Interview mit Leserkanone.de sprach der Autor über das Buch, über experimentelle Literatur und über das Besetzen von Nischen.
Herr Hadrovic, vor einer Weile erschien Ihre Anthologie »Küss mich, Stalker«. Womöglich hat noch nicht jeder Besucher unserer Webseite Notiz von Ihrem Buch genommen, könnten Sie es unseren Lesern daher kurz mit eigenen Worten vorstellen?
Mit Leidensdruck von Opfern und Tätern konfrontiert zu werden ist nicht jedermanns Sache. Meine Kurzgeschichtensammlung hat ganz viel davon und man sollte nicht unterschätzen, worauf man sich da einlässt, wenn man »Küss mich, Stalker« erwirbt. Ein Teil ist sehr experimentell geraten. Die Texte sind verspielt und verstrickt, und ich würde sie nicht zu Unterhaltungslitaratur zählen.
Den Lesern welcher anderer Autoren oder welcher anderen Bücher würden Sie Ihr Buch ans Herz legen? Haben Sie literarische Vorbilder? Was sind Ihre eigenen Lieblingswerke?
Menschen sind von Empfehlungen ihnen Unbekannter meistens enttäuscht, weil ihnen allein das Wort »Empfehlung« Assoziationen zu den Dingen erweckt, die sie ohnehin mögen. Und Künstler sind von Zurückweisungen gekränkt, wenn sie noch nicht zu dieser Erkenntnis gelangt sind. Aber wer auf Gefühle steht, wie es Glasscherben unter der Bettdecke verursachen, kann ja mal einen Blick riskieren. »Küss mich, Stalker« kann unangenehm werden.
Vorbilder sind nichts für mich - Und ich lese am liebsten Sachen, die heute kaum jemand kennt. Von Manuel van Loggem, Neil Jordan und ein paar anderen.
Sie selbst ordnen Ihr Buch in den Bereich der »experimentellen Literatur« ein. Da dieses Genre unseren Besuchern vermutlich nicht an jedem Tag begegnet: Was haben wir uns unter diesem Bereich vorzustellen, und was macht Ihr Buch so experimentell?
Das stimmt, aber zum Glück bin ich nicht der Einzige, der es in dieser Sparte sieht. Das schöne an experimenteller Niederschrift ist, dass man gängige Regeln brechen kann. Es gibt überhaupt keine Einschränkungen beim Schreiben. Hat man als Autor plötzlich keine Lust mehr auf Deutsch zu schreiben, kann man beispielsweise chinesische Schriftzeichen einfügen oder eine Sprache erfinden. Dem Verfasser sollte es nur darum gehen, das für sich richtige Gefühl zu verspüren. Intuition bildet noch einen größeren Teil des Schreibprozesses als bei anderen Genres. Und jeder kann sich daran versuchen. Wenn da draußen jetzt einer neugierig geworden ist, sich inspiriert fühlt und seine Kreativität aufflammt, braucht er nur einen Stift, einen Laptop oder Smartphone. Zusammenhanglos aneinandergereihte Wörter, ein Gedicht, das keinem Reimschema folgt oder eine Auflistung der Büroartikel auf dem Schreibtisch ist nicht besser oder schlechter als eine gewöhnliche Geschichte. Das Schreiben kann zu einem reinigenden Prozess werden, aber auch das Lesen, da solche Texte endlos Interpretationsraum bieten.
Mein Buch ist experimentell, weil ich bemüht war, mit kurzen Texten komplexe Geschichten zu erzählen. Nach Schema F kann man nicht vorgehen, wenn man das umsetzen will.
Viele Charaktere Ihres Buches erscheinen als gescheiterte Existenzen oder stecken in prekären (Lebens-) Situationen. Wie kommt man dazu, sich ausgerechnet mit solchen Figuren, mit psychischen Störungen und anderen Abgründen zu beschäftigen? Sind solche Protagonisten Ihrer Meinung nach interessanter als einfach gestrickte Romanhelden?
Ich bin nicht in Literatur- und Kunstkreisen großgeworden. Aber ich habe im Leben wirklich viele Menschen kennengelernt. Manche von ihnen hatten richtig einen an der Schüssel. Es gab viele Situationen in der Vergangenheit, die mich im Handeln souveräner werden ließen. Auch meine Jobs sorgten nicht gerade für Abstand zu Typen, die in der Gesellschaft nicht ankommen.
«Küss mich, Stalker« hat dazu geführt, dass ich mehr über diese Seite der Realität spreche. Das macht dann in den Medien ein ganz verzogenes Bild von mir. Ich bin ein ganz gemütlicher Typ und stehe eigentlich gar nicht auf kontroverses Zeug.
Zu simpel gestrickte Romanhelden mag ich aber wirklich nicht.
Zwangsläufig besetzt man mit einem Buch wie dem Ihren eine sehr spezielle Nische und erhält nicht die Aufmerksamkeit, die beispielsweise junge Autorinnen erhalten, die innerhalb von nur wenigen Wochen eingängige Liebesromane verfassen und damit die Büchercharts stürmen. Bedeutet dies nicht, dass man sich das Autorenleben ein Stück weit »unnötig« schwer macht? Warum ziehen Sie dies dennoch dem Schreiben eines »Mainstream-tauglichen« Romans vor?
Ich könnte mir ein schönes Pseudonym ausdenken und mich an ein paar Liebes- oder Erotikromanen versuchen. Aber stellen Sie sich mal vor, ich würde plötzlich einen Bestseller landen und Hollywood würde ihn verfilmen. Selbstverrat... So etwas kann einfach nicht gut ausgehen. Roy Black mochte keine Volksmusik, Alec Guinness mochte Star Wars nicht und man vermutet, dass J. Edgar Hoover mit seinen Beziehungen zu Frauen nicht allzu glücklich war. Manchmal ist es auch besser, keine Experimente zu machen.
Jungautoren, egal welchem Genre zugewandt, sollten die eigenen Ansprüche und Erwartungen checken. Selbst wenn man Trivialliteraturfan und Schreiber ist, und einen Glückswurf landen kann, erfüllt das einem nicht zwangsläufig alle Träume.
Einige Texte in Ihrem Buch reichen bis ins Jahr 2000 zurück, es stecken also anderthalb Jahrzehnte Arbeit in Ihrem Werk. Welchen Aufwand bedeutet es generell, ein Buch wie »Küss mich, Stalker« zu erschaffen? Ist es beispielsweise nötig, sich beim Schreiben selbst in eine spezielle Stimmung zu versetzen, ehe man solche Texte und Lyrik verfassen kann?
Der Aufwand war vor allem wegen der ganzen Ablenkung auf der Welt groß. Sich ständig mit Arbeitskollegen und Vorgesetzen rumzuschlagen und zu schauen, ob man am Ende des Monats finanziell über die Runden kommt, während man eigentlich nur schreiben und mit seinen Freunden feiern will, war vor allem in der Jugend nervig und eine 16 Jahre anhaltende Geduldsprobe. Ob der Alltag jemandem nun trist und langweilig erscheint oder einen mit Tragödien auf Trab hält, am Ende versucht er eigentlich nichts anderes als jedes Individuum zu verschlucken und es in sich als weiteres Instrument für die eigenen Zwecke zu missbrauchen. Ich glaube, dass die glücklichsten Menschen diejenigen sind, die täglich dagegen ankämpfen.
Ihr Buch gibt es bei den großen Online-Buchhändlern nur auf Papier. Ist es in der heutigen Zeit nicht riskant, ohne eine E-Book-Version an die Leserschaft heranzutreten?
Diese Frage kann ich leider gar nicht beantworten, da solche Entscheidungen Glarè Verleger M.H. Allafi trifft. Ich könnte mir vorstellen, dass die Zielgruppe von experimenteller Literatur modernen Medienformen eher abgeneigt ist. Aber das ist pure Mutmaßung. Lustigerweise nutze ich selbst aber auch keine E-Book-Reader, keine Smartphones, habe noch nie ein E-Book oder eine App runtergeladen, nutze kein Streaming um Filme anzuschauen und sauge mir keine Mp3s.
Was können wir von dem Autor Daniel Hadrovic in der nächsten Zukunft erwarten? Sind bereits neue Buchprojekte in Planung?
Mein Debütroman mit dem Artbeitstitel »Der Zauberlehrling« soll endlich veröffentlicht werden. Dieser ist auf eine ganz andere Weise experimentell. Und er ist zu einem großen Projekt geworden. Er handelt von ein paar jungen und älteren Menschen, die auf der Suche nach Liebe und Selbstverwirklichung in alle möglichen verrückten Situationen geraten. Hauptcharakter ist der junge Magier und Mentalist Magnus, der absolut nichts tut und doch die Welt auf den Kopf stellt. Das wird ein Roman, den man sich mit ans Kaminfeuer nimmt, aber nicht, um ihn wutentbrannt ins Feuer zu schleudern.
Momentan arbeiten ein paar Musikbands aus Deutschland, Australien, Malaysia und den Vereinigten Staaten an der Vortonung des Romans. Wenn alles nach meinen Vorstellungen umgesetzt werden kann und ich einen passenden Verlag dafür finde, wird das Buch mit einer Soundtrack CD veröffentlicht. Das ist in dieser Form weltweit einzigartig.
Stehen außerdem Termine für Messen, Lesungen & Co. fest, bei denen man Sie live erleben kann?
Ich habe vor zwei Wochen zusammen mit der Autorin Susanne Konrad, die aus ihrer Novelle »Die Liebenden von Wiesbaden« las, meine erste offizielle Lesung in Frankfurt beim Berufsverband bildender Künstler (https://www.bbk-frankfurt.de/) hinter mich gebracht. Die Veranstaltung moderierte die Autorin Barbara Hennings (u.a. »Wer flüstert so finster im Roten Haus?«). So etwas kann eine gute Erfahrung sein, wenn man sich selbst nicht zu ernst nimmt oder zartbesaitet ist. Jungen Autoren sollte nämlich bewusst sein, sofern sie keinen internationalen Bestseller abgeliefert haben, dass die Zuhörer einem hinterher nicht gleich begeistert um den Hals fallen müssen. Schaut man als Leser von den Buchstaben auf, ist man unter Umständen mit einer Reihe gähnender Menschen im Publikum konfrontiert.
Eigentlich hätte meine erste Lesung für Insassen der JVA Butzbach stattfinden sollen. Ungewöhnliche Events reizen mich einfach mehr und vielleicht kann man bei speziellem Publikum ein wenig positives Karma tanken. Es lag an meinen Arbeitszeiten, dass es 2017 nicht realisiert werden konnte, aber ich bin zuversichtlich, dass das 2018 mit Herrn Müller-Monning (Unbedingt mal googeln!) umgesetzt wird.
Apropos 2018: Ich danke Nicolle Kreutzner und dem Leserkanone Team für die Interviewmöglichkeit und die guten Fragen! Ich wünsche auch Ihnen und allen Lesern, die bis hier durchgehalten haben, besinnliche Feiertage und ein frohes neues Jahr!
Das Team von Leserkanone.de dankt Daniel Hadrovic für die Zeit, die er sich genommen hat!
Weiterführende Links:
Daniel Hadrovic bei Facebook
»Küss mich, Stalker« bei Leserkanone.de
»Küss mich, Stalker« bei Amazon
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