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LESERKANONE
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Thor Ansell 136 Fans
Herkunft: Deutschland
Facebook: Thor-Ansell
Interview: Leserkanonen-Interview mit Thor Ansell vom 26.09.2016

Exklusivinterview mit Thor Ansell vom 26.09.2016


von Daniela Peine
 
In seinem Buch »Pandemie« lässt Thor Ansell einen Virus durch Deutschland wüten. Im Interview mit Leserkanone.de sprach der Autor über den Roman, über dessen Ursprung als Drehbuch und über seinen eigenen Weg über die Filmbranche in die Buchwelt.

– Herr Ansell, womöglich hat noch nicht jeder Besucher unserer Webseite Notiz von Ihrem aktuellen Roman »Pandemie« genommen. Könnten Sie Ihr Buch unseren Lesern kurz mit eigenen Worten vorstellen?

Sehr freundlich formuliert :). Pandemie ist ein Wissenschaftsthriller, der in einem bekannten Genre angesiedelt ist, sich aber mit viel Realismus und echten wissenschaftlichen Fakten unterlegt, in eine sehr ungewöhnliche Richtung entwickelt. Die Geschichte spielt in einem, von einer Virus-Epidemie verunsichertem Deutschland, das noch von der Tagespolitik beherrscht wird, und nicht von Mad Max. Die handelnden Figuren (zumeist Wissenschaftler) sind keine Superhelden, sondern »echte« Menschen und werden von den unheimlichen Ereignissen quasi unvorbereitet überrollt. In einer unterirdischen Forschungseinrichtung beginnt dann der Wettlauf gegen die Zeit - denn das Virus ist schlau...

– Den Lesern welcher anderer Autoren oder welcher anderen Romane würden Sie Ihr Buch ans Herz legen? Haben Sie literarische Vorbilder? Was sind Ihre eigenen Lieblingsromane?

Das mit den Lieblingsromanen lasse ich unbeantwortet. Viel zu viele... Literarische Vorbilder - ich erwähne mal zwei, in Bezug auf Pandemie. Zum einen Rainer Erler, der den deutschen Wissenschaftsthriller quasi erfunden hat. Bin ein großer Fan von ihm. Dann Michael Crichton. Ich habe als Kind die »Andromeda« Verfilmung gesehen und das war eine unglaublich gruselige und prägende Erfahrung. Später habe ich den Roman gelesen und das war noch mal um einiges intensiver. Ein ungewöhnliches Buch, auch formal. »Andromeda« ist ganz klar der Grund, warum »Pandemie« in einem Hightech-Bunker angesiedelt ist.
Also, wer Rainer Erler und Michael Crichton mag und wer Schätzing cool findet, aber seine Bücher 600 Seiten zu lang - der sollte Pandemie lesen.

– Bei vielen Romanen und Filmen, in denen Pandemien ausberechen und Menschen in willenlose Raubtiere verwandeln, hat man den Eindruck, dass sie sich in den meisten Komponenten gleichen und äußerst ähnlich verlaufen. Warum ist dies bei Ihnen nicht so? Was halten Sie für die größten Alleinstellungsmerkmale Ihrer Geschichte?

Genre-Tropes sind Fluch und Segen zugleich. Erfolgreiche - oder zumindest Erfolg versprechende Elemente werden von Autoren und Filmemachern kopiert und meist nur leicht verändert. In der Hoffnung auf Mainstream-Erfolg, nicht in der Hoffnung, eine besondere Geschichte zu erschaffen. Je nachdem welchen Anspruch man als Schöpfer solcher Geschichten hat, ist das dann der Fluch oder der Segen. Aber genau das führt eben zu Genrebildung - und ohne die vielen ähnlichen Motive gäbe es die klar umrissenen Genres ganz einfach nicht. In dieser Situation befindet sich nun das Publikum. Wer z,B. schon hundert Virus-Ausbruch-Geschichten kennt, der »weiß«, wo der Hase lang läuft. Er glaubt es zumindest. Vorlieben bilden sich heraus, Gewohnheiten, wenn man so will - der Hauptgrund für die »more of the same« Medienwelt, in der wir leben.
Lange Rede, kurzer Sinn - ich finde es herausfordernd, mit sehr typischen Genre-Tropes zu spielen, und möchte zumindest einen Teil meiner Leserschaft aus der Gruppe von Menschen erreichen, die zu den »Genresüchtigen« zählen. Die (wie ich übrigens auch) hunderte Geschichten lesen oder ansehen, immer in der Hoffnung etwas von dem ersten »Kick« wieder zu entdecken, dieses besondere Etwas, das die Lust auf das Genre entfacht hat.
Was ist dann mein Alleinstellungsmerkmal? Pandemie ist ein Buch, das auch LeserInnen, die sonst einen großen Bogen um Viren, Zombies und Co machen, ein intensives Lesevergnügen verspricht. Und eingefleischten Endzeit-Genrefans verspreche ich eine kluge und überraschende Geschichte - geschrieben von jemandem, der auch selbst nach den Perlen im Überangebot taucht.
Nur hardcore Zombie-Fans, die Wert auf kannibalistische Splatter-Action legen, sollten es nicht lesen. Denn »Pandemie« ist genau das nicht, auch wenn es die ein oder andere Leiche gibt.

– Nebei dem inhaltlichen Aspekt gab es bereits in der Entstehungsgeschichte Ihres Buchs einen großen Unterschied zu »herkömmlichen« Romanen: »Pandemie« basiert ursprünglich auf einem Drehbuch. Wie kam es dazu, dass aus dem Drehbuch ein Roman wurde? Wie ist »Pandemie« entstanden?

Tatsächlich ist es so, dass Genre-Drehbücher (alles jenseits von Krimi-Thriller) es extrem schwer in Deutschland haben. Die hiesige Filmindustrie argumentiert mit mangelndem Publikumsinteresse. Das ist der reine Hohn, wenn man sich anschaut, welche erfolgreichen Genre-Produktionen aus den USA oder z.B. auch von unserem Nachbarn Frankreich bei uns ihr Publikum finden. Und man muss nur einen Blick in die Roman-Bestsellerlisten werfen, um zu erkennen, dass Thriller, Fantasy, Horror und SciFi ein sehr breites Publikum ansprechen. Aber es ist in Deutschland, wie es ist, darum habe ich mich, was Film angeht, auch nach Nordamerika orientiert.
Trotzdem will ich nicht kampflos aufgeben. Ich habe ganz oben Rainer Erler erwähnt, der nicht nur Autor ist, sondern auch Filmemacher und z.B. für das ZDF damals eine Reihe von wirklich guten SciFi Filmen gedreht hat. Eine neue Deutsche Genrewelle wäre also durchaus möglich - das Publikum ist da. Aber - wo sind die guten Geschichten? Jeder Drehbuchautor, der die gleichen Erfahrungen mit Genre-Geschichten macht, wird früher oder später nur noch die Sachen bedienen, die tatsächlich Chancen am Markt haben. Wie soll man da als Autor wachsen? Man darf nicht vergessen - einen Roman kann man bei Amazon hochladen und eine Minute später kann das Publikum ihn sehen. Ein Drehbuch ist erst dann sichtbar, wenn ein Film daraus gemacht wurde. Also noch einmal viel mehr Hürden und Motivationskiller. Und der ganze Prozess dauert 6-8 Jahre. All das zusammengenommen führt dazu, dass nur wenige erfahrene deutsche Drehbuchautoren Genre-Bücher für die Schublade schreiben, einzig um daran zu wachsen und bessere Autoren zu werden. Und genau das war der Grund für Pandemie. Nicht die Idee für den Inhalt, sondern die Idee so einen Genre-Stoff, mit einem komplexen Ensemble und viel Wissenschaft in hoher Qualität, filmisch und in Deutschland umzusetzen. Als das Drehbuch fertig war, habe ich es natürlich den üblichen Verdächtigen präsentiert und die üblichen Absagen bekommen. Aber ich war damit auch für einen Drehbuchpreis nominiert. Auf der Veranstaltung (in einem großen Kino) wurden die nominierten Geschichten von Schauspielern auf der Bühne vorgetragen. Es war ein tolles Event und Pandemie wurde da für einen Abend lebendig. Ich habe den Preis nicht gewonnen, das hat eine Geschichte, die mehr den öffentlich-rechtlichen Geschmack traf. Aber nach der Veranstaltung kamen sehr viele Leute aus dem Publikum auf mich zu. Und einer von denen fragte mich, warum ich daraus keinen Roman mache. Ja, warum eigentlich nicht? Manchmal sind die naheliegendsten Gedanken unerreichbar, wenn sich niemand findet, der von außen einen Impuls gibt.
Von der oben erwähnten, szenischen Lesung gibt es übrigens eine Aufzeichnung. Einen Ausschnitt, der nicht zu viel von der Geschichte verrät, kann man hier finden: https://youtu.be/e-0tkuRR6ig

– Vermutlich werden die wenigsten Besucher unserer Webseite jemals ein Drehbuch in den Händen gehalten haben. Was sind die größten Unterschiede zwischen einem Drehbuch und einem Roman? Was unterscheidet die Herangehensweise an die Erschaffung von Beidem? Und gibt es womöglich Vorteile, die Sie durch Ihre Erfahrungen aus dem Drehbuchschreiben gegenüber anderen Autoren mitbringen?

Es gibt viele Unterschiede, vor allem was die Form angeht. Der Hauptunterschied im Erzählen ist aber ganz zentral: Im Roman kann man schreiben, was man will. Die Erzählerperspektive ist allmächtig, man kann als Erzähler in Menschen hineinsehen, Ereignisse vorwegnehmen oder kommentieren, Gefühle und Haltungen der Figuren präzise beschreiben.
Im Drehbuch geht das nicht. In einem (guten) Drehbuch stehen nur die Dinge, die auch tatsächlich in der Szene - damit im fertigen Film - sichtbar und hörbar sind. Um das mit einem Beispiel zu verdeutlichen: In einem Roman könnte ich schreiben: »... Sie überlegte sich Gründe, nicht hinzugehen, ihm nicht zu begegnen. Dabei fühlte sie jene Anziehungskraft in sich, die nur Menschen spüren...«. Ein typischer Romansatz. Er erzeugt eine Situation und ein Gefühl. Das Gefühl ist dabei eher im Fokus, aber was genau ist hier die Situation? Der Leser wird sie intuitiv erfassen, weil er zwischen den Zeilen liest, im Drehbuch geht das nicht. Da muss man handwerklich-technisch ran. Das Beispiel könnte also zu folgender Filmszene führen: »... Badezimmer / Innen / Abend - ANNA steht vor ihrem Schminkspiegel, weit nach vorn gebeugt versucht sie einen geraden Strich mit dem Eyeliner zu ziehen. Sie rutscht ab, ein dicker schwarzer Strich zerstört nun die Symmetrie des perfekt geschminkten Gesichtes. Sie ist nervös, hastig greift sie nach den Reinigungstüchern und gibt viel zu viel Reinigungsflüssigkeit darauf. Sie setzt an, über ihr komplettes Gesicht zu wischen. Sie hält inne, blickt zu ihrem Telefon, wischt stattdessen über das Display. INSERT TEXT: Warum treffen wir uns nicht um acht im Goldenen Lamm? Ich habe einen Tisch am Kamin reserviert. INSERT ENDE. Sie wendet sich wieder ihrem Spiegelbild zu, nach einigem Zögern lässt sie das Tuch ins Waschbecken fallen und behebt den falschen Strich unter ihrem Auge mit einem Wattestäbchen. ANNA (geflüstert): Warum mache ich das nur...

Das war jetzt ein ganz kleines und grobes Beispiel, zeigt aber ein paar Unterschiede schon sehr deutlich. Die Innenwelt der Figuren muss im Drehbuch über Symbole, Handlungen und Dialoge transportiert werden, im Roman kann man sie einfach so beschreiben. Außerdem muss im Drehbuch Raum für die Schauspieler geschaffen werden (!) Das, was im Roman zwischen den Zeilen steht, steht gewissermaßen auch im Drehbuch - es ist aber an der Interpretation des Schauspielers und der Wahrnehmung des Regisseurs, die Emotion genauso einzufangen, wie gewünscht. Eine komplexe Angelegenheit.
Wenn man allerdings das Drehbuchschreiben zu einer gewissen Meisterschaft gebracht hat, bringt das enorme Vorteile für das Romanschreiben. Im Drehbuch muss alles auf dem Punkt sein, hoch verdichtet. Besonders die Dialoge. Wenn das einmal in Fleisch und Blut übergegangen ist, dann ist es einfach, das in die Romanform zu transportieren. Zumindest geht mir das jetzt so.

– Bereits als Jugendlicher haben Sie mit Kurzgeschichten Literaturpreise gewonnen. Wie kam es dann dazu, dass Sie trotzdem erst jetzt einen Roman geschrieben haben und zuvor in der Filmbranche gelandet sind?

Die kurze Antwort lautet: Über das Drehbuchschreiben. Und über mein allgemeines Interesse an audiovisuellem Erzählen. Sicher, hätte damals ein Verlag zu mir gesagt: »mach mal aus einer von diesen Ideen einen Roman«, ich hätte es getan. Ich habe auch damals schon an langen Texten gearbeitet. Aber ich wollte mich einfach nicht zwischen dem E (Ernst) und dem U (Unterhaltung) entscheiden. Das war damals ein Riesending, ich saß da in Veranstaltungen, wo Lyrik und moderne Prosa vorgetragen wurde und habe meine kafkaesken SciFi Geschichten gelesen. Aus dem Publikum gab es viel positives Feedback, aber die Leute aus der klassischen Literaturszene haben ihre Nasen gerümpft. Und als dann die ersten Filmprojekte geklappt haben, investierte ich eben die meiste Lebenszeit in diesem Bereich. Aber alles kein Problem. Autoren reifen ja wie Wein, und außerdem habe ich jetzt prall gefüllte Schubladen mit Drehbuchgeschichten, die ich bis ans Ende aller Tage abarbeiten kann. Sollte mir also morgen nichts mehr neues einfallen, würde es so bald niemand bemerken.

– Was können wir von dem Autor Thor Ansell in der nächsten Zukunft erwarten? Sind bereits neue Buchprojekte in Planung?

Ich arbeite gerade an einem weiteren Wissenschaftsthriller, den ich hoffe, bis Ende des Jahres fertig zu haben. Er basiert wieder auf einem Drehbuch. Diesmal ist es ein Drehbuch für einen Found-Footage-Film. Diese besondere filmische Inszenierungsweise bringe ich auch in den Roman ein - das, was die Kamera des Protagonisten aufzeichnet, spielt eine zentrale Rolle. Ich habe damit schon in »Pandemie« experimentiert, das einleitende Kapitel ist sehr filmisch gestaltet, das werde ich stilistisch also weiter entwickeln.
In der Handlung geht es um ein kosmisches Ereignis, dass ungeheure Mengen »Strange Matter« freisetzt und durch bizarre Vorgänge das Raumzeitgefüge durcheinanderwirbelt - und damit die Welt des Protagonisten Paul. Leser können sich auf ein spannendes Abenteuer voller überraschender Wendungen freuen - und eine gehörige Portion Quantenphysik. Ach ja, und eine Menge geht dabei kaputt. Armageddon und so - um schon mal das Genre Trope anzusagen. Aber jetzt müssen erst mal alle Pandemie lesen. Ja, Sie auch!

Das Team von Leserkanone.de dankt Thor Ansell für die Zeit, die er sich genommen hat!

Weiterführende Links:
Thor Ansell bei Facebook
»Pandemie« bei Leserkanone.de
»Pandemie« bei Amazon
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