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Max Schatz

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Herkunft: Russland
Webseite: Offizielle Homepage von Max Schatz
Facebook: schachmax
Interview: Leserkanonen-Interview mit Max Schatz vom 03.07.2020
 
Leserkanonen-Exklusivinterview vom 03.07.2020
In seinem aktuellen Buch »Nihilschwimmer« präsentiert Max Schatz seinen Lesern neun Sonettenkränze. Im Interview mit Leserkanone.de sprach der Autor über das Buch, über Lyrik und über das Wandeln zwischen literarischen Welten.

– Herr Schatz, vor Kurzem erschien Ihr neues Werk »Nihilschwimmer«. Womöglich hat noch nicht jeder Besucher unserer Webseite Notiz von dem Buch genommen, könnten Sie es unseren Lesern daher kurz mit eigenen Worten vorstellen?

Es ist ein Gedichtband, erschienen im ostbooks Verlag, mit 9 Sonettenkränzen.
Das Sonett ist eine der meistverbreiteten lyrischen Formen überhaupt, während ein Sonettenkranz nach wie vor als ein Kunststück gilt und deshalb schon seltener verfasst wurde. Nun, die größte Schwierigkeit besteht im Prinzip darin, 14 Sonette in einem 15. Sonett zu einem Kranz zu »verflechten«, indem man von jedem Sonett den Anfangsvers übernimmt. Alle diese 14 Verse ergeben zusammen also ein neues Gedicht.
Die Themenpalette ist recht breit: Zeitgeschehen und Gesellschaft, aber auch Emotionales, die Liebe, Natur und vor allem dunkle Welten, Abgründiges und die Sinn- und Wahrheitssuche, daher auch der Titel »Nihilschwimmer«, der an die Philosophie des Nihilismus anlehnt.

– Den Lesern welcher anderer Autoren oder welcher anderen Werke würden Sie Ihr Buch ans Herz legen? Haben Sie literarische Vorbilder? Was sind Ihre eigenen Lieblingsgedichte?

Wirkliche literarische Vorbilder habe ich eigentlich nicht. Aber ich habe einiges an Lyrik gelesen, zum einen aus der sogenannten russlanddeutschen Literaturszene, weil ich selbst Deutscher aus Russland bin, zum anderen in Lyrikforen und an zahlreichen anderen Stellen online. Meine Erfahrung als Leser ist: Da schreibt ein völlig unbekannter Autor, der sich hinter einem Nicknamen versteckt, und sein Gedicht haut dich um. Dann zeigt mir vielleicht jemand etwas ganz Berühmtes von einem ganz berühmten Dichter von Weltrang, wartet gespannt meine Reaktion ab, doch ich denke nur: »nichts Besonderes« und frage mich, wo da der Witz sein soll.
Ich verstehe nicht, warum bei manchen Dingen sofort alle auf den Zug aufspringen, der dann bis in die Ewigkeit lärmend vorwärtsdüst. Wenn es nur durch diese Sache mit dem Vertrauen zu erklären ist, dann ist das schade. Tatsächlich ist es ja so – und nicht nur in der Literatur –, dass, wenn für etwas zum Beispiel mit »schon seit 1865!« geworben wird, wir dem eher Vertrauen schenken als etwas, das erst seit einem Jahr existiert, und zugreifen. In dem langsamen Tempo, in dem Vertrauen in einen Namen aufgebaut wird, kommt es aber für so viele Autoren viel zu spät.
Zwar wird es schon so sein, dass von großen Namen auch Gutes oder Besseres zu lesen ist. Aber oft steht der qualitative Unterschied in einer schlechten Relation zum Unterschied zwischen den Größen der Namen.
In diesem Sinne möchte ich den Lesern mein Buch, generell weniger bekannte Bücher, ans Herz legen mit dem Aufruf: riskiert es!

– Gedichtbände haben in der heutigen Literaturlandschaft einen schweren Stand. Warum sollte jemand, der sich bis hierhin nicht oder nur wenig mit Lyrik beschäftigt hat, gerade bei Ihrem Buch zugreifen?

Wie gesagt erwarte ich gar nicht, dass jemand, ohne nachzudenken, zugreift. Aber wenn jemand es tut, wird es sich für ihn vielleicht lohnen – vorausgesetzt, es macht ihm Spaß, in Wortspielen und poetischen Bildern zu schürfen, versteckte Bedeutungen und Anspielungen zu entdecken. Das alles gibt es in einer solchen Dichte kaum in der Prosa. Aber auch als Gedichtband ist mein Buch allein aufgrund der Form etwas außergewöhnlich. Zudem tragen die Sonettenkränze einen Hauch von Prosa in sich, weil fast jeder eine in sich geschlossene Geschichte mit dramaturgischem Verlauf erzählt.

– Wie kam es dazu, dass Sie sich ausgerechnet für die Form von Sonettenkränzen entschieden haben? Was ist das Besondere daran?

Einige der Sonettenkränze in »Nihilschwimmer« hatten es bei Literaturwettbewerben in Anthologien geschafft, die meisten werden in diesem Sammelband zum ersten Mal veröffentlicht. Wiederum etliche hatte ich schon vor Jahren bei Lesungen vorgetragen. Und die Entscheidung, weiter diese Form zu benutzen wie auch überhaupt die Idee zu einem solchen Sammelband kam in erster Linie von dem Feedback bei diesen Lesungen.
Das Vortragen eines solchen langen Gedichts gleicht ein wenig einem kleinen Marathon, einem pausenlosen Rap von 10, eher 15 Minuten. Ich hatte immer das Gefühl, selbst schon müde, die Zuhörer damit zunehmend zu ermüden. Die Reaktion des Publikums am Ende war aber stets gegenteilig, irgendwie positiv. Dabei kann man es gar nicht erwarten, dass man einem Sonettenkranz allein durchs Zuhören inhaltlich komplett folgt. Man muss ihn lesen.
Aber es ist auch so, dass ich im Sonettenkranz am besten meine lyrischen Vorlieben ausleben konnte: für Endreime, Binnenreime, Alliterationen und so weiter. Mit diesem Hang ging ich auch mal zu weit, als ich solche Stilmittel automatisch auch beim privaten Schreiben mit Freunden einsetzte – die es vielleicht schräg fanden. Seitdem lasse ich das. Auch ist mir bewusst, dass Reime in der derzeit und schon lange angesagten Dichtung verpönt sind. Leider machen die freien Verse den geringeren Teil meiner Gedichte aus, was ich schon gern ändern würde.

– Durch die exakten formalen Vorgaben erscheint es als sehr anspruchsvoll, eine Geschichte in solch enges Korsett zu pressen. Welcher Aufwand steckt in einem Sonettenkranz wie einem der Ihren? Wie kann man sich den Entstehungsprozess vorstellen?

Man hat nur vor einem weißen Blatt noch die Freiheit – für welches Metrum man sich entscheidet, meistens ist es der fünfhebige Jambus. Mit der ersten Zeile ist man dann in diesem Metrum und sollte es bis Ende möglichst durchhalten.
Wobei – zwei der Sonettenkränze in dem Band sind Nachdichtungen aus dem Russischen – das Korsett bei Nachdichtungen nochmals enger ist. Denn man hat ja nicht die inhaltliche Freiheit, weil man so viel wie möglich aus dem Original übernehmen sollte. Ich fand dies aber weniger schwierig. Eher gingen mir mal bei den eigenen Kränzen, nicht den Übersetzungen, die Einfälle aus, und dann musste das Ding erst mal liegen bleiben, bis ich irgendwann zurückkehren und es abrunden konnte. Nie war der Entstehungsprozess also eine Sache von einem Tag oder einer schlaflosen Nacht.

– Im vergangenen Jahr veröffentlichten Sie einen Jugend-Fantasyroman in russischer Sprache. Im Vergleich zu einem Gedichtband hört sich dies nach einer ganz anderen literarischen Welt an - wie kam es dazu, dass Sie in solch unterschiedlichen Bereichen schriftstellerisch aktiv wurden?

Das sind tatsächlich ziemlich verschiedene Welten, aber subjektiv merke ich die Unterschiede kaum, weil ich sowohl Lyrik als auch Prosa schreibe, und das in zwei Sprachen: Deutsch und Russisch. Dazu muss man sagen, dass zumindest bei mir die zwei Prozesse – der des Schreibens und der des Veröffentlichens des Geschriebenen – auf völlig unterschiedlichen Gleisen, wie auf parallelen Zeitebenen, laufen. Und als Neuling in der Literatur kann man letzteren Prozess in keiner Weise steuern, ihm eine Richtung vorgeben.
So war es bei mir vor zwei-drei Jahren: Ich hatte »fertige« Manuskripte mehrerer Romane, und nun ging es darum, damit sein Glück bei Verlagen zu versuchen. Nur ein Manuskript davon war in russischer Sprache – der besagte Jugend-Fantasyroman. Dass ausgerechnet er von einem mittelgroßen Verlag in Russland angenommen wurde und nach einigen Hindernissen und Rückschlägen erscheinen konnte, ist ein Zufall. Allerdings schon unerwartet, denn der russische Buchmarkt war für mich da absolutes Neuland, wie auch generell mir das Schreiben in meiner (eigentlichen) Muttersprache etwas schwerer fällt. In Deutschland hingegen hatte ich da schon immerhin einige Gedichte bei Literaturwettbewerben platzieren können und mich mit verlagstechnischen Dingen beschäftigt.

– Anhand welcher Maßstäbe entscheiden Sie, in welche Richtung das jeweils nächste Projekt gehen soll? Was können wir von dem Autor Max Schatz in der nächsten Zukunft erwarten? Sind bereits neue Buchprojekte in Planung?

Unter den oben erwähnten deutschsprachigen Romanen ist einer, den ich schon gerne irgendwann im Leben veröffentlichen würde. Wegen seiner Länge und »expliziter Inhalte« – oder sollte ich sagen: trotz der expliziten Inhalte? – wurde er von vielen Verlagen abgelehnt. Momentan ist das Projekt auf Eis und bleibt ein Traum. Stattdessen arbeite ich so langsam an drei neuen Buchprojekten, allesamt Gedichtbänden, deren Titel schon feststehen. Dass es dazu kam, war nicht geplant und ärgert mich. Zum einen, weil auch ohne das kaum Zeit für wichtigere Dinge bleibt :), zum anderen weil ich mich von der Lyrik fort Richtung mehr Prosa bewegen möchte.
Zum Glück werden in diesem Jahr wohl zwei Erzählungen von mir in Anthologien erscheinen. Das ist die bisher einzige Möglichkeit, auch mal Prosa von mir kennenzulernen.
In meinen Kurzgeschichten befasse ich mich mehr als in Gedichten mit meiner russlanddeutschen Herkunft. Meine erste Kurzgeschichte über eine besondere Zeitreise erschien letztes Jahr wie »Nihilschwimmer« ebenfalls im ostbooks Verlag, im Almanach »ZwischenHeimaten«.
In den zwei Kurzgeschichten dieses Jahres spielt einmal ein gruseliges Erlebnis aus meiner Kindheit in Russland, genauer gesagt, noch UdSSR eine Rolle. In dem anderen Text wird ganz leicht das Thema gestreift, bei dem es darum geht, wie sich das soziale Umfeld in eine Paarbeziehung einmischt. Mein Eindruck ist (aber ich kann mich auch täuschen), dass sich der russische und der deutsche Kulturkreis in dieser Hinsicht unterscheiden. In Russland wird immer noch in vielen Werken gezeigt, wie dieses übertriebene Sich-Einmischen der Eltern oder Verwandten zu Problemen und Leid führt. Dadurch erscheinen der Ausbruch aus Traditionen, Freiheit und Unabhängigkeit besonders erstrebenswert für junge Menschen. Der deutsche Kulturkreis ist in dem Sinne weiter, weil da bereits eine Rückbesinnung auf familiäre Werte stattfindet.
Solche Unterschiede literarisch zu beleuchten, wäre allgemein interessant.

Das Team von Leserkanone.de dankt Max Schatz für die Zeit, die er sich genommen hat!

Weiterführende Links:
Offizielle Webseite von Max Schatz
Max Schatz bei Facebook
»Nihilschwimmer« bei Leserkanone.de
»Nihilschwimmer« bei Amazon
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